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Interessantes aus dem Klubleben

zum 4. Advent

Sonntag, 24. Dezember 1989  – 4. Advent

Dieser 4. Advent 1989 hatte zwei Besonderheiten: Er fiel auf den Heiligen Abend und markierte eines der  turbulentesten Jahre der jüngeren Deutschen Geschichte. Wenige Wochen vorher war die Berliner Mauer gefallen. Fast jeder von uns weiß, wo er dieses Ereignis erlebt hat und was in der Weihnachtszeit des Jahres 1989 passiert ist. Damit sind wir im letzten Beitrag zum Advent in der Landschaft der persönlichen Erinnerungen unterwegs. Über 30 Jahre später gelten wir heute als Zeitzeugen.

Aus der Ferne und im Fernsehen verfolgten wir gespannt und besorgt die Nachrichten  über den Selbstbetrug der DDR mit der Militärparade zum 40. Jahrestag der Staatsgründung, die Öffnung des Brandenburger Tores am 22. November, die machtvollen Demonstrationen in Dresden und Leipzig und die Trabant -Kolonnen in Richtung Westen. Weniger berichtet wurde über die ersten Glücksritter und Hasardeure, die sich in Richtung Osten aufmachten, um sich mit dubiosen Methoden ihren Anteil an der zu erwartenden freien Marktwirtschaft zu sichern.

Vergessen wir nicht: Weihnachten 1989 waren wesentliche Fragen der Deutschen Einheit noch offen: Staatenbund oder Bundesstaat ? Bündnisorientierung oder strikte Neutralität ? Bundesländer oder Bezirke ? Der Fragen gab es viele, und es gab keine Schubladenlösungen...

Für viele war die DDR noch das unbekannte Staatswesen. Diejenigen von uns, die verwandtschaftliche Bindungen an die Menschen im Osten hatten, waren oft im Vorteil, kannten sie doch einige Dinge aus persönlicher Erfahrung. Für die Anderen hingegen traf die erarbeitete Theorie auf die erlebte Praxis – spätestens angesichts der Realitäten. Von einigen dieser Eindrücke im Dezember 1989 soll hier die Rede sein.

Celle: Im Autohandel verlängerten sich die Lieferzeiten von Neuwagen, der Gebrauchtwagenmarkt begann sich rapide zu leeren. Der Chronist sah in einem Celler Autohaus einen Trabant 601 S für 200,- DM mit dem Hinweis „Sonderausstattung : Reparaturanleitung und Fußmatte vorne rechts“.

Wittingen: An der Landstraße nach Salzwedel war die Grenze geöffnet. Ein Offizier der Grenztruppen saß an einem Tisch in der Landschaft und winkte lethargisch bei Nebel und Sprühregen die Autos von West nach Ost durch. Stunden später saß er immer noch dort und tat das Gleiche in umgekehrter Richtung. Pflichterfüllung.

Salzwedel: An einem Adventssonntag bewirtete die Kirchengemeinde im Dom ihre Gäste bei Kaffee und Kuchen. Die Gastronomie im Ort war zusammengebrochen. Im Dom hatte man dann die gute Chance, viele Freunde und Bekannte aus Celle zu treffen...

Stendal: Über die Äcker in der Nähe des Ortes streiften im Nebel russische Soldaten aus der Garnison auf der Suche nach Zuckerrüben. Wie fast überall in der DDR betrieben die Truppen ihre eigene Naturalwirtschaft, da die Versorgung aus dem Heimatland und durch die DDR nur noch lückenhaft funktionierte.

Zu den Erlebnissen und Erfahrungen dieser Art kam eine neue Sprache. Wörter wie Brigade, Maßnahme, Objekt, Kollektiv, Dispatcher, etc. mussten inhaltlich neu erschlossen werden. 40 Jahre Sozialismus hatten unserem Vaterland eine Sprachbarriere beschert...

Und dann natürlich die Kulinarik mit der ihr eigenen Terminologie. Der engagierte und interessierte Besucher stand fassungslos und neugierig vor Begriffen wie Soljanka, Grilletta, Ketwurst, Krusta und Kochklopsen ( politisch korrekt statt der bei uns bekannten Königsberger Klopse ). Die Bestellung eines Jägerschnitzels in einem DDR – Gastronomiebetrieb führte beim Servieren zu tiefen Verwerfungen, war man doch Anderes gewohnt. Und so ging es weiter- wir erschlossen uns gegenseitig neue Erlebniswelten. Ein Rezept aus diesen Welten ist zwar dem Namen nach  recht despektierlich und wohl eher nicht als Weihnachtsgericht geeignet, soll aber dennoch dem geneigten Leser nicht vorenthalten werden:

TOTE OMA

400 Gr. Blutwurst

100 Gr. frische Leberwurst

100 Gr. gewürfelten Speck

100 ml Instant-Brühe

1 gehackte Zwiebel

1 EL Majoran

1 EL Semmelbrösel

1 EL gemahlener Pfeffer

 

Von der Wurst die Pelle abziehen, Wurst grob klein schneiden. Speckwürfel und Zwiebel andünsten und kurz mit Brühe ablöschen. Wurst in die Brühe geben und bei milder Hitze köcheln lassen, bis sie ganz zerfallen und ein dicker Brei entstanden ist. Gewürze zufügen und mit Semmelbröseln abbinden.

Aus  sicherlich nachvollziehbaren Gründen haben wir auf ein Foto des Gerichts verzichtet. Für Interessenten, die tiefer in die Materie einsteigen wollen, empfiehlt sich hierzu eine gründliche Internet – Recherche, die übrigens auch Aufschluss über die Namensgebung des Gerichts und alternative Namen  erbringt...(kf)

Einen schönen vierten Adventssonntag wünscht Ihnen

Ihr Homepage - Team

 

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