Eine kleine Geschichte des Allerklub zu Celle
Celler Herrengesellschaft - Klub seit 1807
Etwa gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickeln sich – von der britischen Insel auf den Kontinent kommend – in Deutschland Gesellschaftsklubs, so auch in der Residenzstadt Celle. Der Zweck der Klubs ist Pflege der Geselligkeit, Unterhaltung wie auch Pflege der Kontakte aus beruflichem und wirtschaftlichem Interesse.
In der Allerstadt trifft man sich zunächst in losem Zusammenschluss zu einem Herrenstammtisch, der sich weiter zu der Organisationsform eines Klubs entwickelt. In diesem Klub finden sich mit Kaufleuten, Juristen, Bankiers und Fabrikanten die Repräsentanten des gehobenen Bürgertums wieder. Sie benennen ihren Klub zunächst nach dem Domizil des Stammtisches, also dem Namen des Wirtes, um eine Unterscheidung zum „Aelteren Klub“ von 1785 zu treffen. Bald schon hat der Klub seinen festen Platz in der Celler Gesellschaft gefunden.
Seine Aktivitäten sind vielfältig und nicht nur auf die Herrengesellschaft ausgerichtet:
Man pflegt ein reges und kultiviertes Vereinsleben mit Vorträgen, Theateraufführungen, Tanzvergnügen und Picknicks und ist auch für die Familien der Klubmitglieder offen.
Der Klub jener ersten Dekaden wechselt mehrfach seinen Namen und hat sein Domizil im Gasthaus „Auf der Grünen Schanze“ an der Mühlenmasch, einem dem Stadtkern vorgelagerten Grundstück an der Aller im Bereich des heutigen (2017, d. Verf.) Schützenplatzes.
Das offizielle Gründungsdatum des Klubs wird in seinem Selbstverständnis im Jahr 1807 gesehen: Über eine in Dokumenten erwähnte Urkunde aus diesem Jahr, die im Original heute nicht mehr auffindbar ist, lassen sich die Spuren nachvollziehen. Wenige Jahre vorher (1802) belegt eine noch vorhandene Spendenquittung die Existenz einer „Clubgesellschaft“ - das wohl älteste Dokument zur Geschichte des Allerklub.
Zusammensein, Geselligkeit und Unterhaltung werden in bescheidenem Rahmen in einem eigenen Klubhaus gepflegt. Die ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts sind von Stabilität und Wohlstand geprägt. Das Klublokal ist gesellschaftlicher Mittelpunkt im beschaulichen Leben der Biedermeierzeit. Der Klub hat in jenen Jahren etwa 80 Mitglieder und sieht in seinen Reihen überwiegend die Repräsentanten von Handel, Handwerk und Industrie – nicht umsonst ist es im Celler Volksmund der „Kaufmannsklub“...
Für mehr Informationen aus 200 Jahren Klubgeschichte stehen Ihnen weiterführende Details über die entsprechenden Detailseiten innerhalb des Zeitstrahls zur Verfügung. (zum Öffnen auf die Schaltfläche "Details" der ausgewählten Jahreszahl im Zeitstrahl klicken - siehe oben)
1807 - 1900 | Von der Gründung zur Beständigkeit
Der Klub unterliegt verschiedensten Um-und Neuorganisationen, erwirbt sein Stammlokal, konvertiert es zum Klubhaus und nennt sich schließlich ab 1857 „Allerklub“, um eine Unterscheidung zu anderen Vereinigungen zu treffen. Es werden Klubgesetze erstellt, die als Dokumente noch erhalten sind und inhaltlich bis heute (2017) die unveränderte Zielsetzung des Allerklub wiedergeben:
„§1. Zweck des Klubs. Der Aller-Klub bezweckt die Beförderung geselliger Unterhaltung unter seinen Mitgliedern und deren Angehörigen durch Vereinigung derselben in dem Klublocale.“
Der Klub übersteht weitgehend unbeschadet das Ende des Königreichs Hannover und festigt seine Position im Celler Gesellschaftsleben. Zu den Mitgliedern zählen viele prominente Bürger - Unternehmer, Stifter, Wohltäter und Mäzene - so z.B. Wilhelm Bomann, Christian Hostmann, Carl Hostmann und Fritz Wehl.
1892 bezieht der Klub sein neu errichtetes Gebäude an der Schützenhausbrücke. Das Haus, noch heute vorhanden und immer noch eindrucksvoll, wird schnell zu einem Mittelpunkt des Celler Gesellschaftslebens und besticht durch Großzügigkeit, Ausstattung und Veranstaltungsangebote. Im Ansehen steht der Allerklub nun ganz oben, was wenige Jahre später (1896) durch kaiserlichen Erlass mit der Verleihung des Status einer „juristischen Person“ untermauert wird.
Der Allerklub im Spiegel der Stadtgeschichte
In den Folgejahren wandelt sich das Klubhaus zur weitgehend öffentlichen Gaststätte, weil der Zuwachs an Klubmitgliedern mit dem Anstieg der laufenden Ausgaben nicht Schritt halten kann. Zahlreiche Maßnahmen wechseln sich ab, bringen jedoch meist nur vorübergehende Entlastung. Der Weltkrieg beeinträchtigt die Lebensumstände, insbesondere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, und natürlich das Klubleben erheblich. Die Wirren der Nachkriegszeit mit Inflation und politischer Instabilität übersteht der Klub dank komplexer finanzieller und organisatorischer Aktionen, diese verschaffen ihm jedoch nur wenige Jahre Atempause bis zur nächsten, noch schwereren existentiellen Bedrohung.
Ab 1933 passt die Erscheinungsform des etablierten Gesellschaftsklubs nicht mehr in das nationalsozialistische Weltbild. Mit Nationalsozialisten als Mitglieder in seinen Reihen (viele treten später aus dem Klub aus) gerät der Klub so unter Druck, dass er das Klubhaus verkaufen muss. Der Skrupellosigkeit des Systems entsprechend, wollen jedoch diejenigen, die den Klub auslöschen wollen, sein Klubhaus als repräsentatives Gebäude erhalten. Letztlich geht das Haus nach einigen Umwegen in den Besitz der Stadt Celle über.
Die Auflösung des Allerklub, obwohl 1936 von der Hauptversammlung zunächst beschlossen und zwei Jahre später aus rein bürokratischen Gründen widerrufen, wird formell nie vollzogen. Nach Aktenlage fehlen einige für den Verwaltungsvorgang notwendige Dokumente, die den Vorgang ruhen lassen. Schließlich überlagern die Ereignisse des Krieges ab 1939 die Bestrebungen um Auflösung. Es darf jedoch angenommen werden, dass vielleicht einige mutige und dem Klub wohlgesonnene Beamte an den entscheidenden Stellen dazu beigetragen haben, die beschlossene Auflösung „auszusitzen“...
1946 formiert sich der Klub neu, das gesellschaftliche Leben wird im bescheidenen Rahmen der Nachkriegszeit mit 95 Mitgliedern und unveränderter Zielsetzung wieder aufgenommen. Nach dem Verlust des Klubhauses trifft man sich in verschiedensten Celler Lokalen, darunter „Ratskeller“, “Celler Hof“ und „Union“. Mit zunehmender wirtschaftlicher Konsolidierung festigt sich auch die Position des Allerklub im Stadtleben. Unbestrittener Höhepunkt sind die Jahresbälle in der städtischen Union, die Mitglieder und Gäste in stilvollem Rahmen generationsübergreifend vereinen. Diese Bälle halten sich bis in die frühen 1990er Jahre, bis sie dem veränderten Trend zu gesellschaftlichen Aktivitäten zum Opfer fallen.
Unveränderte Höhepunkte im Klubleben sind jedoch die monatlichen Vortragsveranstaltungen zu allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Die Spanne geht von Geschichte über Wirtschaft, Kunst, Kultur und Sport bis zu Themen von allgemeinem und aktuellem Interesse. Dazu kommen themenbezogene Exkursionen sowie festliche Essen.
So ist der Allerklub mit mehr als 200 Jahren Geschichte als ältester Celler Gesellschaftsklub heute noch aktiv. Der Klub zählt etwa 80 Mitglieder und hat im Unterschied zu anderen Organisationen einige Alleinstellungsmerkmale: Er ist ein regionaler Klub und nicht in ein internationales Netzwerk eingebunden. Er pflegt die lokale Identität, was z.B. durch eine namhafte Spende an das Bomann-Museum zum Erwerb eines wertvollen Exponats unterstrichen wurde. Und er ist letztlich ein Stück gelebte Celler Tradition mit Blick in die Zukunft und damit auch ein Stück Celler Gesellschaftsgeschichte.
Wie in jedem Klub und zu jeder Zeit, kann die Zukunftsfähigkeit nur durch die Regeneration der Klubfamilie erreicht werden. Diese Aufgabe wird angesichts des gesellschaftlichen Wandels und der sozialen Medien ebenso komplex wie anspruchsvoll. Aber nur auf den ersten Blick scheinen zwei Größen miteinander unvereinbar: Niveauvolle Geselligkeit und Kontaktpflege im Allerklub versus „Networking“, gestützt auf elektronische Medien. Beides ergänzt sich sinnvoll, der Allerklub ist dazu ein gut geeignetes Forum. Wie in vielen anderen Bereichen schließen auch hier Tradition und Zukunft einander nicht aus.
Aus eigener Hand | Unser Datenbestand
Die Textbeiträge im Internetauftritt des Allerklubs gründen sich auf veröffentlichtes und unveröffentlichtes Schriftgut, letzteres vorrangig aus Aktenbeständen im Besitz des Allerklubs. Als Primärquelle diente die Veröffentlichung „200 Jahre Allerklub – Ein Beitrag zur Celler Gesellschaftsgeschichte“, gedruckt bei Jensen & Hampel in Celle, November 2007. Als Sekundärquellen wurden Veröffentlichungen zur Celler Stadtgeschichte, diverse Presseartikel sowie Einzelinformationen aus elektronischen Medien herangezogen. Im Original übernommene Passagen sind mit Quellenangabe zitiert.
Die Textbeiträge haben das Ziel, die wechselvolle Klubgeschichte über mehr als zwei Jahrhunderte anschaulich darzustellen. Die Autoren erheben damit nicht den Anspruch einer wissenschaftlich-historischen Arbeit.